Luchs und Wildkatze sind zurück

Ein Monitoring-Projekt bestätigt jetzt offiziell das Vorkommen von Luchs und europäischer Wildkatze in Vorarlberg. Eine Berücksichtigung im Abschussplan bei Rehwild ist nur mit eindeutigen Luchsnachweisen und gleichzeitig gutem Waldzustand notwendig.

Seit einigen Jahren gab es Hinweise auf das Auftreten des Luchses in Vorarlberg sowie seit 2018 den Hinweis auf Wildkatzen im Dornbirner Berggebiet. Während der Luchs im 19. Jahrhundert ausgerottet worden war, gab es für die Wildkatze nur prähistorische Nachweise für Vorkommen auf Vorarlberger Gebiet. Eine tatsächliche natürliche Rückkehr nach Vorarlberg ist daher vor allem im Falle der Wildkatze eine naturkundliche Sensation. Das Monitoring im Auftrag des Landes Vorarlberg (Naturschutz und Jagd) erfolgte durch Horst Leitners Büro für Wildökologie in enger Zusammenarbeit mit den Zuständigen in den potentiell betroffenen Jagdrevieren. Der Luchs kann relativ einfach über das individuelle Fellmuster mittels Fotofallen erfasst und identifiziert werden.
Luchs etabliert sich
Der Luchs, ist mit seinen Pinselohren, dem auffälligen Backenbart und dem gefleckten Fell eindeutig zu erkennen. Das Luchs-Monitoring zeigt, dass sich der Luchs langsam wieder in Vorarlberg etabliert. Der Hauptbereich der derzeitigen Luchsverbreitung liegt im Rätikon und zieht sich bis ins Montafon. Zudem gibt es im Mellental regelmäßig Luchsnachweise. Auch aus dem Klostertal, das nicht im Monitoring-Gebiet des Projekts liegt, werden Nachweise gemeldet. Im Luchsjahr 2022–2023 wurden in den Monitoring-Gebieten insgesamt sieben verschiedene selbstständige Luchse nachgewiesen. Auch zwei Jungtiere von zwei verschiedenen Müttern konnten festgestellt werden.
Die Vorarlberger Luchse entstammen der Luchspopulation aus der Nordostschweiz, wo ab dem Jahr 2001 Luchse wieder angesiedelt wurden. In Vorarlberg befindet sich der östliche Ausbreitungsrand dieser Population. Der Bestand ist daher von großer Bedeutung für die weitere Verbreitung und die zukünftige Vernetzung des Luchses mit anderen Teilpopulationen, z. B. mit den Luchsen in der Grenzregion zwischen Italien, Slowenien und Österreich.
Luchs Biologie
Das bis zu 25 Kilogramm schwere etwa 1,10 Meter lange Wildtier wird etwa 10 Jahre alt. Von der Katze gibt es keine Gefährdungen für den Menschen. Nachdem bis auf wenige Ausnahmen keine Schafe oder Ziegen zu seinem Beuteschema zählen, gibt es auch keine Konflikte mit der Landwirtschaft. Bei uns ernährt sich der Luchs hauptsächlich von Rehen und teilweise von Gamswild. Luchse leben als Einzelgänger und haben einen großen Raumanspruch. In Mitteleuropa schwankt die Reviergröße zwischen 50 und 400 km2. Die Streifgebiete der Luchs-Männchen (Kuder) sind deutlich größer als die der Luchs-Weibchen (Katzen) und überlappen sich oft mit jenen der Weibchen. Luchse kontrollieren ihre Reviere regelmäßig, können auf der Suche nach Partnern, Lebensraum oder Beutetieren aber auch weite Wanderungen unternehmen. Nicht selten wird ein und derselbe Luchs an mehreren oft weit voneinander entfernten Orten nachgewiesen.
Intervalljagd
Der Pirsch- und Lauerjäger betreibt eine ausgesprochene Intervalljagd. Gleiche Gebiete werden hintereinander nicht bejagt. Es gibt keinen Gewöhnungseffekt für das Rehwild. Zusätzlich können je nach Zufall auch Mäuse, Füchse, Hasen, Hauskatzen oder auch Raufußhühner auf dem Speisezettel sein. Auf die Rehwildregulierung kann der Luchs mit einem Fleischverbrauch von ca. 1 kg bis 2 kg pro Tag Einfluss haben. Das ist aus waldbaulicher Sicht sehr positiv zu sehen. Die Rehwild-Bestandsdichten sind bei uns in vielen Gebieten zu hoch. Deshalb fühlt sich der Luchs bei uns wahrscheinlich auch so wohl. Der Einfluss wird aber massiv überschätzt. Insbesondere schlecht konditionierte Rehe, die davor natürlich ausgefallen sind, werden jetzt zur Beute des Luchses. Das Luchsvorkommen wirkt damit auch positiv auf die Gesundheit und Kondition von Rehwildpopulationen. Ein weiterer Faktor hat positive Effekte auf den Waldzustand. In Rotwildgebieten werden Rehe als Einflussfaktor für die Mischwaldverjüngung oft unterschätzt und jagdlich häufig vernachlässigt. Der Luchs kann in diesen Gebieten ein wichtiger Regulator für das Rehwild sein und die Mischwaldverjüngung kommt wieder verbessert auf.
Reduzierung des Abschussplanes bei Rehwild?
Zu erkennen sind Luchsriss im Übrigen relativ einfach, weil er zuerst das Muskelfleisch nutzt. Wenn nur das tote Tier daliegt, ist der Drosselbiss (Biss in die Kehle) mit kleinen Einstiche der Zähne nur schwer zu erkennen. Ein Reduzieren der Abschusspläne ist aus wildökologischer und vor allem aus waldökologischer Sicht nicht notwendig. Die 7 bestätigten Luchse in Vorarlberg brauchen als Beute nur ein bis zwei Prozent des Vorarlberger Rehwildbestandes (theoretisch, sie erbeuten nicht nur Rehe). Auch wenn es ein paar Luchse mehr gibt, ist der Einfluss sehr gering. Mit einer durchschnittlichen Reviergröße von 25.000 Hektar kommt der Luchs in ein 250 Hektar großes Rehwildrevier statistisch gesehen nur alle 100 Tage. Und auf die Fläche Vorarlberg gerechnet, könnte es damit theoretisch etwa 10, auf die Waldfläche bezogen nur etwa 4 Luchsreviere geben. Nur in ganz wenigen Revieren kann damit das Argument der Reduzierung des Abschusses aufgrund des Vorkommen des Luchses eine Rolle spielen. Wenn über Fotofallen oder über Risse ein Luchs im Revier wiederkehrend nachgewiesen wird und die Wildverbiss-Situation gleichzeitig gut ist, kann eine Rücknahme im Abschuss gemacht werden.
Populationen leider nicht gesichert
Leider kommen einige Luchse durch illegale Abschüsse zu Tode. Ein spezielles Problem für die Luchspopulation ist die genetische Verarmung und Verinselung der Verbreitungsgebiete. Meistens gehen die Luchsvorkommen auf Wiedereinbürgerungsprojekte mit wenigen Exemplaren zurück. Daneben spielen auch noch Straßenverkehrsverluste, Katzenkrankheiten und innerartliche Auseinandersetzung eine Rolle bei den Todesursachen. Damit ist die Wiederansiedlung in Europa leider nicht gesichert.


Extrem scheuer und seltener Waldbewohner
Wildkatzen werden mittels Lockpflöcke mit Baldrian-Duftstoff angelockt und anschließend mittels genetischer Analyse von Fellhaaren an den Lockpfosten bestätigt. Diese genetische Analyse ist zur eindeutigen Bestimmung notwendig, da die europäische Wildkatze und Hauskatzen optisch nicht immer sicher zu unterscheiden sind.
Die Europäische Wildkatze zählt zu den seltensten und unbekanntesten heimischen Säugetierarten. Der Wissensstand über die Wildkatze in Österreich ist dürftig. Dies liegt zum einen an ihrer verborgenen Lebensweise, zum anderen an ihrem unauffälligen Aussehen. Für Ungeübte ist die Wildkatze leicht mit einer Hauskatze zu verwechseln. Der Nachweis der Wildkatze ist dementsprechend schwierig. Im Frühjahr 2022 konnte durch Haarprobe und anschließende Genanalyse schließlich zum ersten Mal eine Wildkatze in Vorarlberg nachgewiesen werden. Insgesamt konnten in den vergangenen beiden Jahren drei verschiedene Wildkatzen bestätigt werden. Dies sind die ersten gesicherten, genetischen Nachweise freilebender Wildkatzen in Vorarlberg. Seither herrscht Gewissheit, dass die europäische Wildkatze wieder in Vorarlberg lebt. Die Freude über die zurückgekehrte Art ist beim Naturschutz natürlich sehr hoch. Als Waldbesitzer können wir uns über die damit bestätigte hohe Naturnähe im Vorarlberger Wald freuen.
Thomas Ölz, Landwirtschaftskammer Bereich Forst&Umwelt, Jänner 2024

Die Landesräte Christian Gantner und Mag Daniel Zadra freuen sich über die Sensation für die Biodiversität und die damit bestätigte hohe Naturnähe im Vorarlberger Wald (Bild LK, Th. Ölz).
Der Luchs macht keine Probleme in der Landwirtschaft und ist im Wald ein sehr willkommener Reh-Regulator (Bild männlicher Fuchs tappt im Rätikon in eine Fotofalle, Daniel Leissing, Büro für Wildökologie und Forstwirtschaft).