Was japanische Papier-Grabkunst mit einer Hohenemser Eiche zu tun hat …

Halbzeit der Ausstellung __gedämpft + eingeschnitten in der Galerie Hirnholz

„Nie ist das Holz so schön wie in dem Moment, wenn es aus der Säge kommt und damit sichtbar wird.“ Mit diesen Worten begrüßte Martin Bereuter seine Vernissage-Gäste am 11. September.

Wir alle sind vertraut mit Holz in der einen oder anderen bearbeiteten Form. Das Holz für sich allein zu betrachten, es, so wie es ist, zu riechen, zu be“greifen“, dafür fehlt im Alltag die Muße. Genau dafür liegt ein riesiger Eichenstamm da, in harte, schwere Bretter aufgeschnitten, offen, darin zu blättern. Dazu der direkte Kontrast daneben an der Wand: die flexible, „weiche“ Bandsäge, die diese Schnitte gemacht hat. Mit etwas Abstand auf dem Hallenboden der zweite Stamm: eine Ulme, als „Biagat“ feinst aufgeblättert in biegsame Furnierbündel – nicht vergleichbar mit einem Brett. Auch hier der direkte Kontrast an der Wand: das verwendete Furniermesser, extrem steif und extrem hart.

Aber was hat all das mit japanischer Papier-Grabkunst zu tun? Die Antwort ist im Papierblatt verborgen, das fast unauffällig im hinteren Bereich bei der Eiche aufgehängt ist.

Auf einer Japanreise hat Wilhelm Otten, auf dessen Familiengrund diese Eiche gestanden hat, Künstler kennengelernt, die Grabinschriften durch vorsichtiges Abtupfen auf ganz besonderes, feuchtes Papier übertragen und damit unvergesslich bewahren. Und Künstler, die dieses besondere Papier herstellen. Ein solcher Bogen trägt heute das Abbild der Rinde dieser Eiche, macht sie so nicht nur durch eine Tischplatte und Fotos unvergessen. Dieser Papierbogen ist zu kostbar. Aufgehängt ist eine Fotokopie auf normalem Papier, dieses aber wiederum in feinste Streifen lasergeschnitten. Papierstreifen, die durch ihre Bewegung beim leisesten Lufthauch eine Rinde lebendig machen, die in Wirklichkeit starr gewesen ist.

__ gedämpft + eingeschnitten – eine Ausstellung, die mit Gegensätzen spielt. Vor allem aber eine Ausstellung, die dem Material Holz in seiner reinsten Form und dem jeweiligen Baum, von dem es kommt, Ehrerbietung erweist.

Finissage ist am 26.10.2024

Fotos: Wilhelm Otten (Eiche im Herrenried), Sylvia Rickmann