Bild: Augenscheinlich werden die Probleme der Waldverjüngung an einem Kontrollzaun im Ladritschtal: Innen kommt die gesamte Mischwaldverjüngung, außen gibt es sogar mit der weniger verbissgefährdeten Fichte Probleme.
Starkt aufgezüchtete Rotwildbestände führten im Ladritschtal, einem Seitental des großen Waldsertales, zu großen Problemen in der Waldverjüngung der dort vorhandenen Schutzwälder.
DI Karl Studer, Bezirksforsttechniker der Bezirkshauptmannschaft Bludenz, erläuterte am 21. Mai bei einer Waldbegehung der Ortsgruppen Hinterer Bregenzerwald und Großes Waldsertal des Vorarlberger Waldvereins den etwa 80 bis 100 Teilnehmern/innen die Entwicklung und Situation von Wald, Wild und Jagd im Ladritschtal: Im Regionalplanungskonzept von 1988 wurde von Prof. Fritz Reimoser das Ladritschtal ursprünglich als Rotwildrandzone vorgesehen. Bis 1994 gab es in der EJ Unterdamüls, einem Jagdrevier im hinteren Ladritschtal[nbsp] lediglich eine Rehwildfütterung, bei der dann auch einzelne Stück Rotwild gefüttert wurden. 2005 wurde dann von der Behörde eine Rotwildfütterung mit maximal 15 bis 20 Stück Rotwild genehmigt. Heute stehen an dieser Fütterung 100 bis 120 Stück Rotwild. Im gesamten Ladritschtal wird von einem Rotwildbestand von 220 bis 300 Stück ausgegangen. Von ursprünglich unproblematischen Wildschäden muss heute leider von waldverwüstenden Wildschäden an der Waldverjüngung gesprochen werden. Nach einem wildökologischen Gutachten soll in fünf Jahren bis 2020 ein Gesamtbestand von 120 Stück erreicht werden. Aus forstbehördlicher Sicht wird ein Zielbestand von 60 Stück für das gesamte Ladritschtal als lebensraumangepasst gesehen.
Wo gibt es noch Lebensräume für Rotwild? Sicher nicht mit aufgezüchteten Wildbeständen!
Tatsächlich gibt es aufgrund der Zunahme des Tourismus und der Freizeitnutzung einen großen Druck auf die Lebensräume aller Schalenwildarten. Aktive Lenkungsmaßnahmen und die gezielte Erhaltung und Verbesserung von gewünschten Lebensräumen mit Wildruhezonen stellen hier wichtige Maßnahmen dar. Allerdings geht das sicher nicht mit aufgezüchteten und unnatürlich hohen Wildbeständen. Auf der Basis von Lebensraum angepassten Schalenwildbeständen setzt sich auch der Vorarlberger Waldverein sehr für besser geschützte Lebensräume für das Rot- und das Gamswild ein. Dies kommt nicht nur dem Wald zu Gute, sondern für die Wildtiere selbst wird dadurch der Lebensraum inklusive der innerartlichen Bedürfnissen und Stressfaktoren wesentlich verbessert. Mit einer klaren und ehrlichen Reduktion der Wildbestände könnten die Zielsetzung der Erhaltung und Verbesserung der Lebensräume gemeinsam mit der Jägerschaft gegenüber der Gesellschaft verfolgt werden.
Standortsschutzwald ohne Bedeutung?
Nachdem die Wichtigkeit von Standortsschutzwäldern im Vergleich zu Objektschutzwäldern von einigen Jägern in Diskussion gestellt wurde, gingen sowohl Bezirksforsttechniker DI Karl Studer, Bodenkundler DI Dr. Walter Fitz und DI Wolfgang Schilcher von der Wildbach- und Lawinenverbauung am Beispiel des Ladritschtales auf die hohe Bedeutung der Standortsschutzwälder ein. Das Hochwasser- und das damit verbundene Geschieberückhaltevermögen von gesunden und intakten Wäldern sind für die darunterliegenden Bäche und Flüsse sehr wichtig. Bei Extremereignisse können dadurch die schadbringenden Spitzen abgefedert werden. Ein gut durchwurzelter Boden, der Wasser schneller aufnehmen und besser speichern kann spielt hier eine wichtige Bedeutung. Und hier spielen wiederum die tiefwurzelnden Baumkarten wie Weißtanne, Bergahorn, Buche und Eberesche eine entscheidende Rolle. Damit können solche Wälder sicherlich nicht einem Rotwildlebensraum mit unnatürlich hohen Wilddichten „geopfert“ werden.