Helvetia Schutzwaldpreis – mit Klimawandel deutlich gestiegen!

Vor internationalem Fachpublikum wurde am 17. März 2023 im Konzerthaus Klagenfurt die Alpinen Schutzwaldpreise 2023 verliehen. Neben Auszeichnungen im ganzen Alpenraum waren auch die Vorarlberger Projekte „Ludescher Frassenwald“ und die „Waldbücherei Montafon“ dabei.

Der Wald schützt vor Erosion, Steinschlag, Murgängen, Lawinen und Hochwasser. Eine Besiedlung des Alpenraumes ist überhaupt erst durch die schützende Wirkung des Waldes möglich. Auf ganz natürliche Weise sichert der Wald Gebäude, Höfe und Straßen und zwar besser und günstiger als jede technische Verbauung. Der Wald liefert darüber hinaus den wertvollen Rohstoff Holz. Er prägt das Gesicht der Landschaft, ist Lebensraum für Tiere und Pflanzen sowie Ruhe- und Erholungsraum für den Menschen. Der Wald ist als Lebensgrundlage im Alpenraum von größter Bedeutung. Voraussetzung für einen funktionsfähigen Schutzwald ist eine stabile, gut strukturierte Bestockung sowie eine rechtzeitige Verjüngung. Deshalb ist eine vorausschauende, nachhaltige Pflege von enormer Wichtigkeit. Auf der Veranstaltung wurde mehrmals, zu Beginn vom Präsidenten des Gastgeberlandes Kärnten, die steigende Bedeutung und die noch höheren Herausforderungen durch den Klimawandel betont. Eine steigende Betroffenheit durch Muren oder Lawinen, die es im Alpenraum immer wieder gegeben hat, könnte sehr schmerzlich für uns alle ausfallen.
Die Arbeitsgemeinschaft Alpenländischer Forstvereine (ARGE) besteht seit 1981, ihre Mitglieder sind die Forstvereine Bayern, Graubünden, St. Gallen, Südtirol, Tirol, Vorarlberg, Kärnten und Liechtenstein. Durch gemeinsame Projekte und den Austausch von Erfahrungen wollen sie die Zukunft des Bergwal- des als naturnahen Lebensraum in den Alpen sichern. Der Schutzwaldpreis- Helvetia wird 2023 zum sechszehnten Mal vergeben. Seit 2014 ist die Versicherungsgruppe Helvetia Hauptsponsor des Schutzwaldpreises. Das Unternehmen engagiert sich seit Jahren für die Pflege und den Erhalt alpiner Schutzwälder.

Erfolge in Ludesch ausgezeichnet

Die jahrelange erfolgreiche engagierte Arbeit gegen Waldschäden, instabile Waldentwicklungen und inkonsequente Jagdbewirtschaftung in Ludesch wurde jetzt mit dem Alpinen Schutzwaldpreis in der Kategorie Erfolgsprojekte honoriert. Das Projektgebiet umfasst eine Waldfläche von ca 46 ha. Die auf flachgründigen Standorten stockenden überalterten Fichten- und Fichten/Tannenbeständebeständen wurden in den 1980er Jahren mehrfach durch Windwürfe sowie anschließenden Borkenkäferbefall geschädigt. Wegen der einsetzenden Vergrasung, aber auch aufgrund viel zu hoher Wilddichten, stellte sich keine ausreichende Mischwaldverjüngung ein.
Um die Erhaltung der Schutzwirkung des Waldes sicher zu stellen ist ab 1989 ein Sanierungskonzept in Umsetzung. Neben Erschließungsmaßnahmen wurden Aufforstungsmaßnahmen und viele technische Maßnahmen gegen Lawinen und Hangrutschungen gesetzt. In dem sehr schwierigen Gelände erfolgte die Ausführung der anspruchsvollen Arbeiten (Verjüngungseinleitung mit Seilkrannutzungen, Querfällungen, Schneegleitverbauungen mit temporären Holzwerken, Aufforstung und Pflege) durch eine Gruppe von sehr engagierten Nebenerwerbslandwirten, die über viele Jahre die wichtigsten Projektarbeiten ausgeführt haben. Das brachte Wertschöpfung bei den beteiligten Landwirten, ermöglichte aber auch eine kostensparende Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen für Gemeinde, Land und Bund.
Bei der Umsetzung des Waldsanierungsprojektes wurde von Beginn an Wert darauf gelegt, möglichst auch die Bevölkerung einzubinden. Zahlreiche Ortsvereine wie z.B. die Feuerwehr, die Funkenzunft Ludescherberg und die Ludescher Firmlinge wurden eingebunden. Aber auch beispielweise der Österreichischen Alpenverein war mit einem Bergwaldprojekt beteiligt. Klassische Arbeitseinsätze waren Aufforstungsaktionen, das Bauen und Sanieren von Begehungssteigen sowie Ausmäharbeiten.
Servitute und Frondienst mit neuer Bedeutung
Der Frassenwald, der im Besitz der Gemeinde Ludesch ist, ist seit alters her aber mit einem Servituts Recht für die Bevölkerung der Parzelle Ludescherberg belegt: Die Eigentümer der Häuser, Hütten und Ställe haben ein Anrecht auf Bau- und Brennholz, müssen hierfür allerdings Arbeitsleistungen (sog. „Frondienst) im Wald erbringen. Die Richtlinien der Servitutsrechte waren nur bruchstückhaft überliefert und wurden im Rahmen der Schutzwaldsanierung im Frassenwald neu geregelt. Heute gilt (auszugsweise): Die 36 Servitutsberechtigten dürfen jährlich bis zu 8 Raummeter Holz beziehen, müssen dafür aber pro Festmeter Brennholz 1 Arbeitsstunde und leisten.
Die Bedeutung der Servitutsrechte hatte in den vergangenen Jahrzehnten laufend abgenommen. Auf Grund der Energiekrise der vergangenen Monate haben diese alten Nutzungsrechte allerdings einen völlig neuen Stellenwert bekommen. Dies äußerte sich auch daran, dass die Beteiligung an den Frondiensten im heurigen Jahr wieder deutlich zugenommen hat. Neben der eigentlichen Arbeitsleistung ist ein wichtiger Aspekt der „Fronarbeiten“, dass die Servitutsberechtigen „ihren“ Schutzwald besser kennenlernen und seine Bedeutung schätzen.
Jagd: Nach auf und ab Eigenbewirtschaftung
Um Aufkommen das Aufkommen der Mischbaumarten zu ermöglichen ist seit Beginn ein Schwerpunktbejagungsgebiet eingerichtet worden. Die Bejagung erfolgte in der praktischen Umsetzung allerdings über viele Jahre nicht mit der notwendigen Effizienz bzw. Kontinuität, die erforderlich gewesen wäre, um neben der Fichte auch das Aufkommen der Mischbaumarten zu gewährleisten. Die Wildschadenssituation war gekennzeichnet durch ein auf und ab von Phasen mit positiver Entwicklung und Rückschlägen. Es kam immer wieder zu Wechseln bei der Verpachtung. In den letzten ca. 10 Jahren konnte schließlich über einen längeren Zeitraum eine langsame, aber kontinuierliche Verbesserung der Situation erreicht werden. Die Agrargemeinschaft Ludesch hat die jagdliche Bewirtschaftung des Gebietes selbst übernommen (Eigenbewirtschaftung), um eine nachhaltige Stabilisierung des Wildeinflusses auf einem verträglichen Niveau sicher zu stellen. Das Jagdgebiet wurde in 9 Pirschbezirke (Fläche zwischen 70 und 140 ha) aufgeteilt und wird jeweils auf nur ein Jahr vergeben. Sofern es Probleme auf der Fläche gibt, kann von Seiten des Forstbetriebsorganes jeweils zusätzlich jagdlich eingegriffen werden. Die Bejagung konnte seither deutlich effizienter gestaltet werden, was an den Verjüngungserfolgen bereits deutlich sichtbar ist.
Personen
• Norbert Walter – Initiator und Betreuer seit Beginn des Projekts (Bauhofleiter der Gemeinde Ludesch – seit 2017 in Pension)
• Forstabteilung der Bezirkshauptmannschaft Bludenz
• Daniel Ritter, zuständiger Waldaufseher (seit 2016)
• Mario Vaschauner, Agrargemeinschaft Ludesch bzw. Betriebsleiter der Forstbetriebsgemeinschaft Ludesch-Großes Walsertal (seit 2018)

Daniel Ritter (Waldaufseer Gemeinde Ludesch); Ing. Martin Schanung (Bürgermeister Gemeinde Ludesch; Ing Mario Vaschauner (Forstbetriebsleiter Gemeinde Ludesch) bei der Übergabe des Schutzwaldpreises in Kärnten.
Nach einem auf und ab konnten jetzt mit der Jagd-Selbstbewirtschaftung schöne Erfolge in der Waldverjüngung erreicht werden. Der Wald kann wieder Schutzwaldleistungen erfüllen.

Neue Wege in der Kommunikation: Waldbücherei

Die Zusammenarbeit der Waldschule Montafon und der Bibliothek des Standes Montafon bringt eine neue öffentliche Kommunikation zum Thema Wald und besonders zum Schutzwald. Das „Waldregal“ der Bücherei übersiedelt im Sommer für eine Woche mit vielen begleiteten Aktionen in das Waldschulgebäude am Kristberg. Das Projekt erhielt bei der Schutzwaldpreisverleihung eine Auszeichnung. Die öffentliche Bücherei des Standes Montafon ist mit über 19.000 Medien eine sehr gut sortierte Bildungseinrichtung für die Talschaft mit etwa 17.000 Einwohnern. Die Waldschule Montafon wiederum ist ebenfalls eine etablierte außerschulische Bildungseinrichtung mit Anfragen weit über die Landesgrenzen hinaus. Die Zusammenarbeit dieser sehr unterschiedlich ausgerichteten Betriebe stellt für beide Seiten eine große Bereicherung dar und hat das Ziel, dem Wald eine Sprache zu geben.
Seit 2020 wurde auf Initiative der Bibliotheksleiterin Karin Valasek ein sogenanntes Waldregal aufgebaut. Dieses unterscheidet sich von den anderen Regalen der Bücherei deutlich, ist aus Holz gefertigt und steht an einem sehr prominenten Platz der Bibliothek. Auf diesem Regal werden derzeit über 150 Medien über Wald für alle Altersgruppen angeboten. Vom Bilderbuch über Waldkochbücher bis zur wissenschaftlichen Abhandlung des Themas, ist für jede und jeden etwas dabei. Besonderen Wert wird auf die Region Montafon und den Schutzwald als Themenschwerpunkte gesetzt. Der Bestand wird laufend erweitert.
Schwerpunktwoche im Sommer
Seit 2021 übersiedelt das Waldregal auf Anregung von Waldschulleiterin Sylvia Ackerl eine Woche im Sommer in die Waldschule Montafon, genauer gesagt in das Waldschulgebäude am Kristbergsattel, das insbesondere im Sommer ein beliebtes Wanderziel von Einheimischen und Touristen darstellt. Dort wird die Waldbücherei von Praktikantinnen betreut und kann den ganzen Tag durchgehend besucht werden. Somit kommen Bücher zu Waldthemen direkt in den Wald. Diese können dort angesehen, im Wald gelesen oder gleich für die Entlehnung nach Ablauf der Woche reserviert werden. Zusätzlich werden in dieser Woche täglich Aktionen zu wechselnden Themen im Zusammenhang mit Wald und Literatur angeboten. So gibt es beispielsweise Waldmärchen für Kleinkinder, die gleich vor Ort im Wald nachgespielt werden oder MINT im Wald (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) Workshops für Jugendliche, in denen der (Schutz)wald aus einer anderen Dimension betrachtet wird. Dabei werden einfache Geräte zur Waldvermessung hergestellt oder der Wald mit Luftbildern und Geoinformationsdaten beleuchtet.
Zusammenfassend stellt die „Sommerwoche der Waldbücherei“ eine bunte Mischung aus verschiedenen Öffentlichkeitsarbeitsveranstaltungen dar. Mit der Waldbücherei im Hintergrund, die lediglich an die Öffnungs- und Schließungszeiten morgens und abends gebunden ist und dauernd durch fachlich geschultes Personal betreut ist, wird Waldwissen in unterschiedlichster Art und Weise sowie Niveau, den ganzen Tag über verbreitet. Zudem ist der Wald über das eigene Regal das ganze Jahr über in der Bibliothek Montafon präsent und wird sehr gut angenommen.
Verknüpfung mit Literatur
Grundsätzlich soll auch in Zukunft an der Grundbotschaft, Kindern und Erwachsenen die Arbeit im Wald, sowie die Erhaltung und Wiederherstellung der Schutzfunktion und ganz allgemein das Waldökosystem näher gebracht werden. Dadurch ist die Verknüpfung zur Literatur auf unterschiedlichsten Ebenen ein guter Ansatz. Die Bibliothek kann zu den normalen Öffnungszeiten in der Batloggstraße 36 in Schruns besucht werden. Den Termin für die Waldbücherei-Woche im Sommer erfahren Sie auf der homepage www.stand-montafon.at/waldschule oder bei DI Sylvia Ackerl unter sylvia.ackerl@stand-montafon.at.

Obmann Walter Amann und Thomas Ölz gratulierten den zwei Damen Karin Valasek und Sylvia Ackerl für die Schutzwaldpreisauszeichnung.
Mit einem Waldbücherregal mit einer bunten Mischung von Veranstaltungen geht man im Montafon neue innovative Kommunikationswege.