
Obwohl es keine Notwendigkeit der Rehwildfütterung gibt wird in Vorarlberg noch erschreckend viel gefüttert. Über das LFI werden immer wieder Waldbegehungen in Reviere angeboten, in denen nicht mehr gefüttert wird. Die Teilnehmer können aus den Erfahrungen lernen.
Die letzte Waldbegehung dazu hat Ende April in Hittisau stattgefunden. Der Obmann der Jagdgenossenschaft Hittisau I Georg Nenning und der Waldaufseher Klemens Nenning gingen auf ihre Erfahrungen ein und gaben praktische Tipps für eine Umstellung.
Für den Kulturfolger Rehwild herrschen in seiner langen Entwicklungszeit heute paradiesische Zeiten. Die Kulturlandschaft bietet ein riesiges und hochwertiges Nahrungsangebot (viel höher als ein Urwald) und es fehlen weitgehend die natürlichen Feinde. Gleich vorweg stellt sich da die Frage welchen Sinn es macht einen Pflanzenfresser in diesem für ihn idealen Lebensraum zu füttern. Für Klemens Nenning stellt sich auch die Frage warum nur jagdbare Trophäenträger-Tiere gefüttert werden. Die Fokussierung der Hege auf Trophäenträger wird dabei gleichzeitig von den Jägern offiziell abgelehnt. Zum Argument Nahrungsengpass passt auch gar nicht, dass der Großteil der Fütterungen in leicht zugänglichen Tallagen liegt. Dem gesetzliche Grund zur Vermeidung von Wildschäden wird dabei, wie die Wildschadenserhebungen landes- und bundesweit zeigen, nicht entsprochen. Für Klemens Nenning ist auch ganz klar: „Wenn das Verbissproblem mit Füttern gelöst werden könnte, wäre es schon lange gelöst worden“.
Folgende Probleme können bei der Fütterung gesehen werden:
• Oft mangelhafter Raufutteranteil bei der Vorlage (Galtviehfütterung Verdauungsprobleme)
• Fütterung verhindert natürliche Absenkung des Stoffwechsels
• Fütterungen sind Orte für Krankheitsüberträger
• Unnatürlich hohe Wilddichte an Fütterungen führt zu Stress beim Wild
• ein erheblicher Teil der Tiere geht nie oder nur gelegentlich zur Fütterung
• Verbiss passiert aus Langeweile oder zur Nahrungsergänzung
• Zunahme der Verbissschäden (Zumindest in den Einstandsgebieten)
• Anlockung von Rot oder Gamswild mit Schäden am Wald zur Folge
• Unerwünscht Fütterung anderer Tiere: Vögel, Kaninchen
Punkte für die natürlich Überwinterung:
• Stoffwechsel ändert sich im Jahres – Rhythmus (Absenkung des Stoffwechsels, Verdauung von Eiweißhaltigem Futter im Frühling – rohfaserreiches Futter im Winter)
• Fettreserven reichen bis ca. März (mit Klimaänderung sicher keine Engpässe mehr)
• Kuppen und sonnig Steilflächen sind selten länger als 14 Tag flächig Schneebedeckt
• Weniger Aufwand, weniger Kosten
• Jagd wird für Normalbürger leistbar- ohne große Jagdpachtverluste
• Natürliche Verteilung, weniger Konkurrenzkämpfe
• Weniger starke Vermehrung
• Natürlicher Ausfall der von Parasiten befallen Tieren- gesünderer Bestand
• Fuchs muss auch über den Winter kommen
• Ähnliches bzw teilweise sogar höheres Wildbrettgewicht
• Weniger Streitigkeiten wegen Schäden im Fütterungseinstand
• Wildbrett: Gesundes Fleisch ohne Kraftfutter, sehr wichtig für eine ehrliche und exklusive Vermarktung
Tipps zur Fütterungsauflösung:
• Empfehlenswert ist eine intensive Bejagung als Begleitmaßnahme; aber, wenn wir warten bis wir reduziert haben, werden wir nie aufhören zu füttern.
• Fütterungseinrichtung noch 1-2 Winter belassen
• Keine Zunahme der Schäden zu befürchten- mit einer örtlichen Verlagerung muss gerechnet werden, es braucht eine gewisse gegenüber Wildeinflüsse bei der Fütterungsauflösung, nur die Fütterungsauflösung alleine löst das Verbissproblem nicht (lebenraum angepasste Wildbestände)
• Umstellung ist besonders ein emotionales und menschliches Problem (auch Gewohnheit)
• Hungertod von Wildtieren bringt hohen medialer Wirbel (bei Gams und Steinwild im Hochgebirge wird der natürlicher Ausfall akzeptiert)
Die Auflösung von Fütterungen ist ein Mittel um aus dem Teufelskreis von hohen Wildbeständen und hohem Jagddruck zu kommen und damit Waldverträglichen Wildbeständen mit wesentlich weniger Druck und Ärger für alle Beteiligten. Jede Umstellung verlangt ein Durchhaltevermögen. Erfolge im Wald sind erst nach 3-4 Jahren sichtbar. Eine üppige Verjüngung verträgt auch wieder mehr Wild.
Ganz zum Schluss empfiehlt Klemens Nenning sowohl Waldbesitzern und Jägern die Wald-Wild-Jagd Diskussionen im Wald zu führen und auch immer wieder positive Beispiele anzuschauen, um davon lernen zu können.
Zusammenstellung Thomas Ölz, 03.05.2023
Bildtext: LFI Waldbegehung 28 April 2023 im Wald in Hittisau: Erfahrungen und Tipps zu Rehwildbewirtschaftung ohne Fütterungen werden an interessierte Teilnehmer weitergegeben.
Abbildung: Erschreckend viele Fütterungen, obwohl es zumindest bei Rehwild keine wildbiologische Notwendigkeit gibt.