Bundesamt für Wald: Wege zum klimafitten Wald

Der prognostizierte und teils schon spürbare Klimawandel birgt für die Forstwirtschaft neue Herausforderungen und Aufgabenstellungen. Die Atmosphäre kann durch die Erwärmung mehr Energie und Wasserdampf aufnehmen was zur Folge hat, dass das Wettergeschehen dynamischer wird. Erwartet werden dadurch vermehrt Extremwetterereignisse wie Hitzewellen, Starkniederschläge und Stürme.

Für den Wald bringt der Klimawandel positive und negative Aspekte mit sich. Einerseits ergeben sich durch steigende Temperaturen höhere Zuwächse in Wäldern, in welchen die Temperatur bis zum jetzigen Zeitpunkt der begrenzende Faktor war. An diesen Standorten ist es auch notwendig, dass genügend Nährstoffe und verfügbares Wasser im Boden vorhanden sind. Andererseits kommt es bei höheren Temperaturen zu steigender Evapotranspiration und zusätzlich zu diesem Vorkommnis zu einer Konzentration von Starkniederschlagsereignissen, was zu einer Erhöhung von Trockenstress in Wäldern führt. 
Durch die oben genannte Extremwetterereignisse ergeben sich noch weitere Gefahren für den Wald, welche nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Es kann zu vermehrten Murenabgängen, Rutschungen und zu einer Zunahme von Nassschneelawinen kommen. Außerdem verändert sich die Populationsdynamik diverser Forstschädlingen. 
Aufgrund der steigenden Temperaturen erfolgt die Entwicklung mancher Schädlinge schneller als bisher und es wird möglich mehrere Generationen pro Jahr auszubilden, wodurch auch der Befallsdruck im Wald steigt. Zudem können invasive Schadorganismen, die durch den globalen Handel nach Österreich eingeschleppt werden, besser Fuß fassen und aktiv neue Gebiete besiedeln.

Auf diees Extremwetterereignisse reagiert das Ökosystem Wald mit sinkender Vitalität, reduzierter Abwehrfähigkeit, Massenvermehrung von Schädlingen und geringen Zuwächsen. 
Aufgrund dessen wird es immer wichtiger waldbauliche Bewirtschaftungskonzepte, den neuen ökologischen Rahmenbedingungen anzupassen. Es sollte daher die Balance zwischen ökologischer Notwendigkeit und ökonomischer Machbarkeit gefunden werden. Weiters ist zu bedenken, dass es in Zukunft nicht mehr um die Vermeidung von Produktionsrisiko geht sondern vielmehr um die Möglichenkeiten der Risikoverteilung. 
Folgende Punkte sind für einen risikosicherer Waldbau von großer Bedeutung:

1.[nbsp]Schutz des Waldbodens
Das eigentliche Kapital des Waldbesitzers ist der Boden. Um diesen nicht zu gefährden, sollten folgende Ausführungen beachtet werden.
•[nbsp]Bodenbeschädigung durch Ganzbaumentnahme: Das entnehmen von ganzen Bäumen aus dem Wald verursacht Nährstoffverluste, da hierbei auch der gesamte Schlagabraum aus dem Bestand transportiert wird.
•[nbsp]Bodenverdichtung durch flächiges Befahren: Das Befahren mit schwerem Gerät erzeugt Verdichtungen, welche die Leistungsfähigkeit, die Trockenresistenz (weniger Porenvolumen) und die Durchwurzelungstiefe verringert.
•[nbsp]Größere Kahlschläge im Gebirge: Dies führt zu hohen Verlusten an Humus durch Erosion. Zudem kann es zu Überhitzungen auf Südhängen kommen.

2.[nbsp]Rechtzeitige Durchforstung
Die Durchforstung wird vielerorts immer noch zu spät durchgeführt.
•[nbsp]Sie sollte gänzlich im zweiten Viertel der Umtriebszeit vorgenommen werden.
•[nbsp]Bestände, die zu spät durchforstet werden, haben einen zu hohen H/D-Wert. Das bedeutet, dass solche Bestände über längere Zeit instabil sind und die Umtriebszeit nicht mehr verkürzt werden kann.

3.[nbsp]Richtige Herkunftswahl
Neben der Wahl der richtigen Baumart schenken viele Forstbetriebe der Herkunftswahl der Pflanzen zu wenig Bedeutung. Durch die richtige Herkunftswahl können so manche, durch den Klimawandel verursachten Beeinträchtigungen der Vitalität von Bäumen, kompensiert werden.

4.[nbsp]Mischwald
Nur durch die Etablierung von Mischwald kann dieser unsicheren Zukunft mit vertretbarem Risiko entgegengegangen werden. Der Gedanke des Mischwaldes wurde zwar schon 1886 von Karl Gayer niedergeschrieben, doch ist er bis heute noch nicht überall angekommen.

5.[nbsp]Angepasste Wildstände
Soll ein Mischwald hervorgebracht werden, ist es unerlässlich die heute künstlich hoch gehaltene Wilddichte zu reduzieren, um überdurchschnittlichen Verbiss zu vermeiden.

6.[nbsp]Schadvermeidung bei Holzernte
Bei der Holzernte sollte der Schadensvermeidung in Zukunft besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Da jede Schädigung eines Baumes eine Eintrittspforte für Krankheiten darstellt – dies gilt besonders für Bestände, die in ihrer Vitalität geschwächt sind.

7.[nbsp]Wesentliche Ziele der Bestandespflege einhalten
Schon während der Bestandespflege sollte eine hohe Einzelstammstabilität beachtet werden. Zudem sollten Mischbaumarten gefördert werden. Vor allem in der Jugend sind starke Durchforstungseingriffe notwendig, um die Vitalität zu erhöhen. Hierdurch werden auch die Produktions- bzw. Gefährdungszeiträume verkürzt. Ferner ist anzumerken, dass durch starke Eingriffe, der Konkurrenzdruck verringert wird. Dies ist prioritär an Standorten mit hoher Trockenstresswahrscheinlichkeit notwendig, da die verfügbaren Wasserressourcen dadurch effizienter genutzt werden können.

Es stellt sich nicht mehr die Frage ob der Klimawandel die Umweltbedingungen verändern und auch nicht wie sich der Klimawandel in seiner Intensität darstellt wird sondern vielmehr wie wir mit den neuen Herausforderungen umgehen werden. Die Produktionsprozesse in der Forstwirtschaft sind zu einem hohen Maß von standörtlichen und klimatischen Bedingungen beeinflusst, welche sich durch den Klimawandel wesentlich schneller ändern als bisher. Hier hinzu kommt, dass die Generationenabfolge im Wald langsam vor sich geht, was eine schnelle Anpassung des Bestandes an neue Bedingungen fast unmöglich macht. 
Eine relativ krisensichere Strategie wird in der Risikostreuung gesehen. Dies bedeutet, die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten verschiedenster Produkte aus dem Wald zu sehen, diese zu fördern und zu nutzen. Die Fähigkeit den Wald als einen Standort der Vielfalt zu sehen und ihn nach diesem Grundsatz zu bewirtschaften, bilden die Grundlage für ein flexibles und rasches Handeln und folglich für eine zukunftsfähige und erfolgreiche Forstwirtschaft.

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Zusammenstellung von Sarah Paterno aus BFW-Praxisinformation 44: Wege zum klimafitten Wald, Bundesforschungszentrum für Wald, Seckendorff-Gudent-Weg 8, 1131 Wien, Österreich

Link Download Heft: https://bfw.ac.at/rz/bfwcms.web?dok=10296


Bild: Nur durch die Etablierung von Mischwald kann dieser unsicheren Zukunft mit vertretbarem Risiko entgegengegangen werden.